Gedenkstätte Bergen-Belsen

Als am 15. April 1945 britische Truppen Bergen-Belsen befreiten, waren dort keine sowjetischen Kriegsgefangenen mehr, es gab nur noch ein Arbeitskommando mit 850 Mann in der nahegelegenen Wehrmachtskaserne: Die SS hatte im Januar das Gelände als KZ Bergen-Belsen komplett übernommen, nachdem das Stalag XI C (311) seit 1943 stufenweise verkleinert worden war.
Das Konzentrationslager hatte zuerst als Austauschlager gedient: Jüdische Häftlinge wurden als Geiseln für im Ausland festgehaltene Deutsche gehalten. Ab dem Frühjahr 1944 kamen zusätzlich kranke und verletzte und daher arbeitsunfähige männliche Häftlinge aus anderen Konzentrationslagern hierher. Im August 1944 begann der Transport von Frauen aus dem KZ Auschwitz nach Bergen-Belsen, die von hier aus als Zwangsarbeiterinnen weiter verteilt wurden. Und schließlich kamen im Zuge der Räumungstransporte aus den frontnah gelegenen Lagern noch einmal zehntausende KZ-Häftlinge hierher.

Befreiung durch die Briten

Zum Zeitpunkt der Befreiung befanden sich 53.000 Häftlinge im KZ Bergen-Belsen und dem Nebenlager. Mindestens 38.000 waren dort in den vorangegangenen zwei Jahren zu Tode gekommen – durch unzureichende Versorgung und die brutale Behandlung. Weitere 14.000 starben bis Ende Juni 1945.
Den britischen Befreiern bot sich ein grausames Bild: Leichenhaufen, Hungernde, Misshandelte, Kranke. Sie filmten und fotografierten in den folgenden Wochen, um die Verbrechen der Nationalsozialisten zu dokumentieren. Die Häftlingsbaracken wurden schließlich niedergebrannt, um die Seuchengefahr zu minimieren. Auch die Lagerzäune und Wachtürme sowie das Krematorium wurden abgerissen – von den originalen Bauten blieb nichts bis auf das Vorlager, das in der Nachkriegszeit noch für einige Jahre als Unterkunft für deutsche Flüchtlinge aus dem Osten verwendet wurde. Für die Überlebenden war dieses rigorose Vorgehen problematisch, wurden doch damit auch Beweise vernichtet. Im September 1945 wurde als erstes Gedenkzeichen ein hölzernes Mahnmal aufgestellt.

21. Mai 1945: Die letzte Baracke wird niedergebrannt. Die Briten haben eine Reichskriegsfahne und ein Hitler-Porträt daran angebracht. 10 Salutschüsse werden abgegeben und der „Union Jack“ gehisst. © Imperial War Museum, London, Photograph Archive. BU 6673

Am ersten Jahrestag der Befreiung wurde dieses hölzerne durch ein steinernes Mahnmal ersetzt. Es ist den jüdischen Opfern des KZ Bergen-Belsen gewidmet und trägt die Inschrift aus dem Buch Hiob: „Earth Conceal Not The Blood Shed On Thee“ – „Erde bedecke nicht ihr Blut“. Außerdem wurde an Allerseelen 1945 ein Holzkreuz aufgestellt, 1952 folgten der bis heute existierende Obelisk und die Inschriftenwand, die die Gedenkstätte Bergen-Belsen begründeten.

Langer Weg zur Gedenkstätte

Erst 1966 konnten Besucher*innen des Geländes, dessen gesamte Fläche heute wie ein Friedhof behandelt wird, in einer ersten kleinen Ausstellung Informationen zur Geschichte des Konzentrationslagers finden. Und weitere knapp 20 Jahre vergingen, bis 1985 der Niedersächsische Landtag beschloss, eine richtige, mit Fachpersonal ausgestattete Gedenkstätte zu errichten und erstmals auch die sowjetischen Kriegsgefangenen und das Stalag XI C (311) in die Darstellung einzubeziehen. 1990 wurde das neue Dokumentationszentrum eröffnet. Überlebende hatten dafür Ausstellungsstücke zur Verfügung gestellt und ihre Geschichten erzählt – endlich gab es auch einen engen Austausch mit den ehemaligen Häftlingen.
Ab dem Jahr 2000 wurde noch einmal international intensiv nach Quellen zur Lagergeschichte gesucht und Videointerviews mit Überlebenden geführt, auch zur Geschichte des Lagers für „Displaced Persons“ nach 1945. Das Ergebnis dieser mehrjährigen Arbeit ist seit 2007 in einem neuen Ausstellungsgebäude zu sehen. Hier werden aufgrund der engen Verflechtung der Lager und ihrer räumlichen Nähe auch die Geschichten der Stalags in Fallingbostel, Oerbke und Wietzendorf mit erzählt.


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