Himmler und Angehörige der Waffen-SS

SS und Kriegsgefangene

Bei den Verbrechen an den sowjetischen Kriegsgefangenen gab es mehrere Tatbeteiligte. Neben Wehrmacht und Gestapo (Geheime Staatspolizei), die die Aussonderung von politischen Kommissaren und jüdischen Rotarmist*innen im Reichsgebiet durchführte, war das vor allem die SS (Schutzstaffel). Die SS war eine paramilitärische Terrororganisation der Nationalsozialisten, die in viele Verbrechenskomplexe eingebunden war. Sie führte auch gezielte Ermordungen von Kriegsgefangenen durch.
Diese Mordaktionen begannen unmittelbar nach dem Überfall auf die Sowjetunion. Sogenannte Einsatzgruppen wurden in die eroberten Gebiete geschickt, um Massenerschießungen vor allem an der jüdischen Bevölkerung und angeblichen Widerständlern durchzuführen. Schon hierbei kam es zur Zusammenarbeit mit der Wehrmacht, die bestimmte Kriegsgefangene zur Ermordung überstellte.

Der „Reichsführer SS“ Heinrich Himmler, zugleich Chef der deutschen Polizei, besucht Angehörige der Waffen-SS in der Sowjetunion, Sommer 1941. Bundesarchiv, Bild 101III-Bueschel-010-13A, Fotograf: Büschel

An der Front war der „Kommissarbefehl“ der Wehrmacht dafür die Grundlage – ein Offizier konnte die standrechtliche Erschießung anordnen, die dann von Wehrmachtsoldaten oder den „Mord-Praktikern“ der SS ausgeführt wurde.
Im Reichsgebiet und den besetzten Gebieten wurde die „Aussonderung“ von Gefangenen durch die Einsatzbefehle Nr. 8 und 9 geregelt – und diese blieben bis Kriegsende gültig. Hierbei arbeitete die Gestapo mit der Wehrmacht zusammen. Zur Tötung wurden die Kriegsgefangenen in Konzentrationslager überstellt, die der SS unterstanden.
Michail Botschkarjow, der im Herbst 1943 im KZ Buchenwald gefangen gehalten wurde, berichtet in seinem Interview vom „Bösen Häuschen“, aus dem laute Musik schallte: Dort gab es eine als Messlatte getarnte Genickschußanlage, mit der gezielt etwa 8.000 sowjetische Kriegsgefangene ermordet wurden. Eine solche Anlage gab es auch im KZ Sachsenhausen. Insgesamt wurden in den Konzentrationslagern im Reichsgebiet bis 1945 etwa 40.000 Rotarmisten gezielt ermordet.

„Arbeitsrussen“

Von Anfang an forderte die SS von der Wehrmacht außerdem die Übergabe sowjetischer Kriegsgefangener zum Arbeitseinsatz ein. Igor Gurjewitsch gehörte im KZ Groß-Rosen zu diesen „Arbeitsrussen“. Sie behielten bei der Registrierung im KZ ihren Kriegsgefangenenstatus bei – ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht, da allein die Wehrmacht für Kriegsgefangene zuständig sein durfte.
Sowjetische Kriegsgefangene wurden von der SS auch als „Versuchskaninchen“ bei medizinischen Experimenten genutzt und bei den ersten Versuchen, Giftgas als Mordmittel zu verwenden. Das passierte erstmals im September 1941 im Stammlager in Auschwitz.


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