Ideologie

Die Politik der Nationalsozialist*innen gründete auf der Annahme, dass nicht alle Menschen gleich, sondern in höher- und minderwertige „Rassen“ unterteilt sind. Natürlich behaupteten sie, dass die Deutschen zu den wertvollsten Menschen gehören, den „Arier*innen“. Was ihnen ihrer Meinung nach das Recht gab, über andere zu bestimmen, sie auszubeuten und auch zu töten, sollten sie ihnen gefährlich werden. Diese Gefährlichkeit wurde zum Beispiel Juden unterstellt, von denen Antisemit*innen bis heute glauben, dass sie heimlich die Weltherrschaft an sich reißen wollen.
Hitler plante von Beginn an einen Eroberungskrieg in Europa. Auch dem lag ein rassistisches Denken zu Grunde: Die Westeuropäer*innen sollten zwar unterworfen werden, aber grundsätzlich in ihrem Land weiterleben können. Für die slawischen Völker östlich des Deutschen Reiches galt das nicht: Sie waren angeblich, ebenso wie Jüdinnen und Juden, „rassisch“ minderwertig und allenfalls als Arbeitssklav*innen zu gebrauchen. Langfristig sollten 30 Millionen Slaw*innen Platz machen für Deutsche, die in ihrer Heimat angesiedelt werden sollten – so sah es der sogenannte „Generalplan Ost“ vor.

„Kampf zweier Weltanschauungen“

Anti-Bolschewistisches Propagandaplakat von 1943: Die Nazis wollten der deutschen Bevölkerung vor einem Sieg der Sowjets Angst machen und damit ihren Einsatz für den Krieg vergrößern. © Deutsches Historisches Museum / S. Ahlers

Der Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 war damit in mehrfacher Hinsicht ideologisch aufgeladen: Zum einen kämpfte aus Sicht der Nazis die „wertvollste“ gegen eine „minderwertige Rasse“, zum anderen standen sich mit dem Nationalsozialismus und dem Kommunismus zwei gegensätzliche Weltanschauungen gegenüber. Und der Kommunismus (oder Bolschewismus) sollte zudem noch jüdisch sein. Hitler stimmte seine Generäle schon am 30. März 1941 auf einen „Vernichtungskampf“ ein. Der anwesende Generalstabschef des Heeres Franz Halder vermerkte in seinem Kriegstagebuch, dass Hitler ein „vernichtendes Urteil gegenüber [dem] Bolschewismus [fällte], ist gleich asoziales Verbrechertum“.
Die Wehrmachtsführung schloss sich dieser politischen Haltung an und setzte sie konkret in der Art und Weise der Kriegsführung um. Völkerrechtswidrig wurden die Vereinbarungen der Genfer Konventionen in Bezug auf die Behandlung von Kriegsgefangenen ignoriert. Auch die Soldaten wurden darauf vorbereitet, dass in diesem Krieg andere Regeln galten – der sowjetische Soldat sei „kein Kamerad“.

Schaulustige bei den „Russenlagern“

Eigentlich hatte Hitler sowjetische Kriegsgefangene gar nicht ins Deutsche Reich holen wollen. Das wurde aber aufgrund des Arbeitskräftemangels doch nötig. Die Nazis hatten die deutsche Bevölkerung seit dem Überfall auf die Sowjetunion schon gezielt durch Propaganda vorbereitet: Slaw*innen seien „Untermenschen“, mehr Tiere als Menschen, niemand dürfe mit ihnen sprechen oder anders Kontakt aufnehmen. Es sollte sich auch kein Mitleid entwickeln, obwohl doch für alle sichtbar war, wie schlecht diese Kriegsgefangenen ernährt und versorgt wurden. Man solle an die eigenen Soldaten in der Sowjetunion denken, die dort noch schlechter behandelt würden! So stand es in den Zeitungen.
Zu den „Russenlagern“, beispielsweise in Wietzendorf, nördlich von Hannover, kamen Schaulustige, um sich anzusehen, wie die Gefangenen dort unter freiem Himmel hausten. Sie hatten sich Erdhütten zu ihrem Schutz gebaut und aßen, da sie sonst kaum etwas erhielten, Baumrinde und gruben Wurzeln aus. Mit der Verweigerung einer menschenwürdigen Unterbringung und Ernährung erzeugte die Wehrmacht also Bedingungen, in denen die sowjetischen Kriegsgefangenen ein Bild abgaben, das die deutsche Propaganda bestätigte.
Nikolaj Semjonowitsch Saporoshez erinnert sich an eine Begegnung in einem Stalag, als Deutsche kamen, um „Sklavenarbeiter“ auszusuchen:

„Ich stand vorn, und eine Frau untersuchte meinen Kopf, ob ich nicht Hörner hätte (wie ein Bulle). Ich antwortete ihr, ich sei doch ein Mensch und kein Vieh. Dr. Goebbels hatte ihnen erzählt, wir hätten Hörner! Völlig absurd!“

Nikolaj Semjonowitsch Saporoshez: Brief an KONTAKTE-KOHTAKTbI vom 13. Juli 2005
Brief des Bürgermeisters von Wietzendorf an den Landrat des Kreises Soltau vom 28. August 1941: Die Gefangenen werden hier als „wertvolles Anschauungsmaterial“ und „Tiere in Menschengestalt“ bezeichnet, die sich die Anwohner zur Abschreckung ruhig anschauen sollen. © Kreisarchiv Heidekreis, Acc. Sol. Nr. 52, Meldungen besonderer Vorkommnisse, 1940 – 1945

Propagandaminister Joseph Goebbels besuchte am 26. August 1941 das Kriegsgefangenenlager in Zeithain. Er wollte sich selbst ein Bild machen von den slawischen „Untermenschen“ – und wurde enttäuscht. In sein Tagebuch schrieb er am Tag darauf: „Die Typen sind zum Teil nicht so schlecht, wie ich mir das vorgestellt hatte. Man findet unter den Bolschewisten eine ganze Reihe von frischen, gutmütig aussehenden Bauernburschen.“


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