Was sind Stalags?

Stalag ist die Abkürzung für Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager. Das waren Lager, in denen die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg Kriegsgefangene unterbrachte. Im Krieg gegen die Sowjetunion wurden die Kriegsgefangenen zunächst in so genannten „Dulags“ (= Durchgangslagern) registriert, die nahe der Front provisorisch aufgebaut worden waren. Von dort wurden sie in Stalags überführt und auf Arbeitskommandos weiter verteilt.

Die Bezeichnungen

Die „Frontstalags“, die während des Eroberungskrieges im Westen, vor allem in Frankreich, aufgestellt worden waren, hatten zur Bezeichnung 100er und 200er-Nummern bekommen. Die Lager für den Feldzug gegen die Sowjetunion bekamen 300er-Nummern.
Die Namen der Stalags in Deutschland bestanden aus römischen Ziffern nach dem jeweiligen Wehrkreis – davon gab es damals 17 – sowie Buchstaben in aufsteigender Folge. Im Fall der „Russenlager“, also Stalags, in denen ausschließlich sowjetische Kriegsgefangene untergebracht wurden, bekamen außerdem auch eine 300ter-Nummer angehängt. So erklärt sich beispielsweise der Name des Stalags in Zeithain. Stalag IV H (304) bedeutet: das Stammlager ist im 4. Wehrkreis (IV, Dresden), errichtet als achtes Lager (H), die Kriegsgefangenen kommen aus der Sowjetunion (304).
Neben der Abkürzung „Stalag“ und „Dulag“ sind in diesem Kontext gängig: Oflag für Offizierlager, Marlags für Marinelager, Ilag für Internierungslager sowie Heilag für Heimkehrerlager, darin wurden zur Entlassung vorgesehene Gefangene gesammelt.

Schon für den Überfall auf Polen waren im Deutschen Reich Kriegsgefangenenlager errichtet worden. Sie waren für eine Belegung von 10.000 Personen vorgesehen. Im weiteren Kriegsverlauf verzeichneten einzelne Stalags verwaltungsmäßig ein Vielfaches dieser Zahl. Die meisten Gefangenen befanden sich allerdings außerhalb der Lager in einem Arbeitskommando. Die Stadt Oschatz in Sachsen zum Beispiel hatte ein sogenanntes „Schattenlager“ mit der Bezeichnung Stalag IV G: Dort gab es gar kein Barackenlager, die Kriegsgefangenen wurden von hier aus nur zur Arbeit im Umkreis verteilt.
Je mehr Länder von der Wehrmacht erobert wurden, desto mehr Kriegsgefangenen-Stammlager kamen hinzu.

Personalkarten

Bei der Registrierung wurden für alle Gefangenen sogenannte Personalkarten angelegt. Auf Seite 1 wurden ausführlich die Personalien notiert, ein Passfoto aufgeklebt und ein Fingerabdruck des rechten Zeigefingers genommen. Auf Seite 2 wurden die Arbeitskommandos, Lazarett-Aufenthalte, Versetzungen in andere Stalags und Strafen vermerkt. Außerdem erhielten die Kriegsgefangenen eine Erkennungsmarke aus Metall mit einer Nummer, die man in der Mitte durchbrechen konnte. Wenn ein Gefangener starb, wurde der erste Teil seiner Personalkarte zusammen mit der Hälfte der Erkennungsmarke nach Berlin zur Wehrmachtsauskunftsstelle (WASt) geschickt. Die andere Hälfte der Marke wurde mit dem Toten beerdigt.

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Der Fund der Personalkarten und ihre Bedeutung für die Geschichte.

Ausschnitt aus dem Dokumentarfilm „Keine Kameraden“ (2011) von Beate Lehr-Metzger

Nach Kriegsende übergab die US-Armee die erbeuteten Unterlagen der WASt an die Sowjetunion. Lange wussten Angehörige, Historiker*innen und Interessierte nicht, ob diese wichtigen Papiere erhalten geblieben sind oder nicht. Tatsächlich wurden sie im Militärarchiv des sowjetischen, heute russischen Verteidigungsministeriums verwahrt.
Dank eines deutsch-russischen Gemeinschaftsprojekts kann man heute in einer russisch- und englischsprachigen Datenbank gezielt nach sowjetischen Kriegsgefangenen suchen. Rund 800.00 Personen sind dort auf Grundlage ihrer Personalkarten verzeichnet.

Zu den großen Stalags im heutigen Deutschland gibt es mehr oder weniger ausführliche wissenschaftliche Untersuchungen, und dort finden sich auch in der Regel Gedenkzeichen. Das gilt nicht für die ebenfalls sehr großen Lager, die in Polen liegen. Nur in Łambinowice, wo Igor Gurjewitsch zeitweise gefangen gehalten wurde, gibt es eine Gedenkstätte.


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